Michael Picard
langjähriger Top-Personalmanager (OTTO GROUP, Metro Cash & Carry Deutschland, C&A, s.Oliver), Geschäftsführer von Foxtrim, Berater, Speaker, Autor. Er ist einer der Vorreiter des modernen Personalmanagements und der Digitalisierung in HR in Deutschland.

Kosten von Fehlbesetzungen und Fluktuation
Fehlentscheidungen bei der Besetzung von Stellen sowie ungewollte Fluktuation von Topleistern gehören zu den teuersten Fehlern im Personalmanagement. Studien und Praxisfälle zeigen: Je nach Branche und Hierarchieebene bewegen sich die Kosten zwischen 30–200 % des Jahresgehalts für eine Fehlbesetzung und 100–300 % des Jahresgehalts bei Fluktuation und Wiederbesetzung. Doch wie setzen sich diese hohen Beträge zusammen?
1. Direkte Kosten einer Fehlbesetzung
Kategorie | Beispiele |
Rekrutierungskosten | Anzeigen, Headhunter, Plattformen, interne HR-Zeit, Reisekosten, Assessments |
Onboarding & Einarbeitung | Schulungen, Zeitaufwand von Vorgesetzten und Kollegen, Arbeitsplatzkosten |
Vergütung & Sozialabgaben | Fixgehalt, Boni, Benefits, Abfindungen bei Trennung |
2. Indirekte Kosten einer Fehlbesetzung
Kategorie | Beispiele |
Produktivitätsverluste | Fehler, Doppelarbeit, verpasste Aufträge, ineffizientes Arbeiten |
Team-Auswirkungen | Demotivation, Konflikte, Abwanderung weiterer Mitarbeiter |
Reputationsschäden | Schlechter Eindruck bei Kunden, Lieferanten, Bewerbern |
3. Kosten durch Fluktuation und Wiederbesetzung
Kategorie | Beispiele |
Austrittskosten | Abfindung, Resturlaubsausgleich, Austrittsgespräche, Administration |
Vakanzkosten | Produktivitätsausfälle, Mehrbelastung für Team, Interimskräfte |
Neue Rekrutierung & Onboarding | Erneute Anzeigen, Auswahlprozess, Einarbeitung |
4. Warum die Kosten so hoch sind
Die einzelnen Kostenfaktoren wirken zunächst überschaubar. Doch sie addieren sich und verstärken sich gegenseitig:
– Verkettungseffekt: Direkte und indirekte Kosten greifen ineinander.
– Multiplikation über Zeit: Je länger die Fehlbesetzung andauert, desto größer die Schäden.
– Verborgene Faktoren: Entgangene Chancen oder Team-Erosion erscheinen in keiner Buchhaltung, wirken aber massiv auf den Erfolg.
5. Beispielrechnung: Kosten einer Fehlbesetzung
Um die Dimension greifbar zu machen, hier eine konkrete Beispielrechnung für eine Stelle mit einem Jahresgehalt von 80.000 €.
Kostenfaktor | Anteil vom Jahresgehalt | Berechnung | Summe (€) |
Rekrutierung & Onboarding | ca. 30 % | 0,3 × 80.000 | 24.000 |
Vergütung während Fehlbesetzung | ca. 50 % | 0,5 × 80.000 | 40.000 |
Produktivitätsverluste & Fehler | ca. 50 % | 0,5 × 80.000 | 40.000 |
Team-Auswirkungen & Fluktuation | ca. 40 % | 0,4 × 80.000 | 32.000 |
Reputations- & Opportunitätskosten | ca. 30 % | 0,3 × 80.000 | 24.000 |
Gesamtkosten | 160.000 |
6. Beispielrechnung: Ungewollte Fluktuation eines Topleisters
Besonders gravierend sind die Folgen, wenn ein Topleister (High Performer) das Unternehmen verlässt. Die Kosten gehen weit über das Jahresgehalt hinaus, da neben der reinen Wiederbeschaffung vor allem die entgangene Wertschöpfung und der Know-how-Verlust ins Gewicht fallen. Beispiel für einen Topleister mit 100.000 € Jahresgehalt:
Kostenfaktor | Anteil vom Jahresgehalt | Berechnung | Summe (€) |
Austritts- & Abwicklungskosten | ca. 20 % | 0,2 × 100.000 | 20.000 |
Vakanzkosten & Mehrbelastung | ca. 50 % | 0,5 × 100.000 | 50.000 |
Rekrutierung & Onboarding Nachfolger | ca. 40 % | 0,4 × 100.000 | 40.000 |
Produktivitäts- & Wissensverlust | ca. 80 % | 0,8 × 100.000 | 80.000 |
Kunden- & Marktverluste | ca. 60 % | 0,6 × 100.000 | 60.000 |
Gesamtkosten | 250.000 |
7. Fazit
Eine Fehlentscheidung im Recruiting oder ungewollte Fluktuation sind keine Randthemen – sie sind gravierende Wertvernichter. Während eine Fehlbesetzung das Doppelte des Gehalts kosten kann, übersteigt der Verlust eines Topleisters schnell das 2,5-Fache seines Jahresgehalts. Prävention durch gezieltes Talentmanagement, Retention-Strategien und systematische Auswahl ist daher eine betriebswirtschaftliche Pflichtaufgabe.